Mehr bunte Stromkästen

Schüler:innen erzählen von Begegnungen in Zeiten des Klimawandels

Als der Verein mog61 Miteinander ohne Grenzen e.V. (damals noch: Mittenwalder ohne Grenzen) vor mehr als zehn Jahren gegründet wurde, ging es nicht nur um ein gemeinsames Straßenfest, sondern ganz generell um Nachbarschaft, Teilhabe und eine Verbesserung des Wohnumfelds. Diese vielen grauen Kästen zum Beispiel am Straßenrand, könnte man die nicht ein bisschen hübscher machen, bunter, lebendiger? Daraus entstand das Projekt "Kästenbemalung" oder etwas anspruchsvoller: "Künstlerische Aktion Kreuzberger Kids". Schüler:innen aus der Umgebung machten sich an mehr als 100 Verteilerkästen zu schaffen und schmückten sie mit bunten Kunstwerken. Damit wurde der kleine, neu gegründete Verein über die Kiezgrenzen hinaus bekannt, um nicht zu sagen: berühmt.

Das ist jetzt schon eine ganze Weile her, aber jetzt gibt es eine Neuauflage. Diesmal sind es 16 Schüler*innen aus dem Kunst-Leistungskurs des Leibniz-Gymnasiums, welche sterile Kästen zwischen Heim- und Fürbringerstraße schmücken wollen. Und so beschreibt Kunstlehrer Eckart Müller das Projekt:

"Bilder und Bildung hängen zusammen, besonders im Leistungskurs Kunst des Leibniz Gymnasiums in Berlin-Kreuzberg. Damit dies auch außerhalb der Schulmauern zu spüren ist, werden 16 Schüler:innen des Leistungskurses von Eckart Müller die sterilen Kästen auf den Straßen zwischen Heim- und Fürbringerstraße mit Gemälden beleben, die in unserer Nachbarschaft unscheinbar den Strom und die Telekommunikation verteilen. Den notwendigen Kontakt zur Telekom und zu Vattenfall hat hierfür Marie Hoepfner vom lokalen Verein "Miteinander ohne Grenzen" hergestellt und uns organisatorisch unterstützt.

So werden ab November unter den Pinseln der Schüler:innen phantasievolle Zeichen auf den grauen Kästen entstehen, die den Passant:innen von menschlichen Begegnungen und dem teils dramatischen Wandel unserer Umwelt erzählen wollen. Über die Schulzeit der künftigen Abiturient:innen hinaus dokumentieren die Stromkästen so die Ängsten, Hoffnungen und Sehnsüchten der heutigen Jugend aus dem Kiez."

Die Aktion beginnt am 18. November. Vorher werden die Kästen noch sauber gemacht und grundiert, die Kosten dafür übernimmt mog61. Nach dem Malen sollen die bunten Bilder mit einem Anti-Graffiti-Schutz versiegelt werden. Wie lange der hält, ist allerdings unklar - so sind viele der früheren Kunstwerke inzwischen böse entstellt oder überklebt. So sind sie einerseits ein Dokument für das Engagement und die Kreativität von Jugendlichen, die inzwischen längst erwachsen geworden sind. Andererseits bezeugen sie aber auch die Rücksichtslosigkeit und Aggressivität einer Großstadt, die kaum mehr Respekt vor fremdem Eigentum kennt.

Alle Fotos: Leistungskurs Kunst, Leibniz-Gymnasium; Auswahl aus Skizzen für die geplante Kästenbemalung