Titel 5

Warum Nördlich Lägern? Die 13 Kriterien


Der Standortvorschlag der Nagra basiert auf 13 Kriterien. Hier stellen wir sie vor – Nagra-CEO Matthias Braun ordnet ein.

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Nördlich Lägern ist der sicherste Standort für ein geologisches Tiefenlager. Und: Es war ein eindeutiger Entscheid. Das waren die Hauptaussagen der Nagra als sie im September 2022 ihren Standortvorschlag vorgestellt hat – doch wie kam die Nagra zu ihrem Resultat?

Sieben Kriterien sprechen für Nördlich Lägern 

Im Bericht zum Standortvorschlag hat die Nagra die Kriterien unter den Begriffen Qualität, Stabilität und Flexibilität zusammengefasst. Genau genommen sind es aber 13 Kriterien zur Sicherheit und bautechnischen Machbarkeit, welche den Entscheid der Nagra begründen. Diese Kriterien wurden im Sachplan geologische Tiefenlager festgelegt. Wir stellen die 13 Kriterien hier genauer vor und ordnen sie ein.

«Sieben der dreizehn Kriterien sprechen für das Standortgebiet Nördlich Lägern», sagt Nagra-CEO und Geologe Matthias Braun. «Bei den anderen sechs Kriterien herrscht Gleichstand. Deshalb können wir sagen: Es ist ein eindeutiger Entscheid.» 

Das sind die 13 Kriterien


Die 13 Kriterien sind in 4 Gruppen unterteilt:

- Eigenschaften des Wirtgesteins respektive des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs

- Langzeitstabilität

- Zuverlässigkeit der geologischen Aussagen

- Bautechnische Eignung

In den ersten drei Gruppen gibt es Unterschiede zwischen den Standortgebieten. Keine relevanten Unterschiede gibt es bei der Kriteriengruppe Bautechnische Eignung.

Kriterien mit hellblauem Hintergrund = Vorteil für Nördlich Lägern

Kriteriengruppe 1: Eigenschaften des Wirtgesteins respektive des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs
Räumliche Ausdehnung
Räumliche Ausdehnung

Im Vergleich zu den anderen Regionen ist die räumliche Ausdehnung der ruhig gelagerten und ungestörten tonreichen Gesteine in Nördlich Lägern am grössten.

Hydraulische Barrierenwirkung
Hydraulische Barrierenwirkung

In Nördlich Lägern wurde das älteste Porenwasser nachgewiesen. Das Gestein schliesst hier Wasser, aber auch alle anderen Stoffe, am besten ein.

Geochemische Bedingungen
Geochemische Bedingungen

Die geochemischen Bedingungen sind in allen drei Gebieten vergleichbar gut, die Durchlässigkeit ist in allen Bereichen sehr gering.

Freisetzungspfade
Freisetzungspfade

Die tonreichen Gesteine sind sehr homogen. Zudem dichtet sich der Opalinuston bei Rissen selbst wieder ab.

Die Kriterien Räumliche Ausdehnung und Hydraulische Barrierenwirkung sprechen für Nördlich Lägern.

 

In Nördlich Lägern ist die räumliche Ausdehnung der ruhig gelagerten und ungestörten tonreichen Gesteine am grössten. Diese tonreichen Gesteine sind homogen und genügend dick. Das sorgt für eine gute Qualität der geologischen Barriere.  

Bei der hydraulischen Barrierenwirkung geht es darum, wie dicht das Gestein ist und Wasser, aber auch alle anderen Stoffe, einschliesst. In Nördlich Lägern wurden im Opalinuston und den umliegenden Gesteinen das älteste Porenwasser nachgewiesen. Das zeigt, dass in Nördlich Lägern die Einschlusswirksamkeit am besten ist.  

Keine Unterschiede gibt es bei den anderen beiden Kriterien in dieser Gruppe: Die geochemischen Bedingungen sind in allen drei Gebieten vergleichbar gut. Gleiches gilt für die sogenannten Freisetzungspfade. Die tonreichen Gesteine sind überall sehr homogen und der Opalinuston dichtet sich bei Rissen selbst wieder ab.  

 

Matthias Braun zur Kriteriengruppe 1:
«Der Opalinuston liegt in der Nordschweiz in der richtigen Tiefe, Qualität und Ausdehnung sowie verhältnismässig ungestört vor. Bei den ersten beiden Kriterien sehen wir aber Vorteile für Nördlich Lägern. Deshalb können wir sagen: In Nördlich Lägern schliesst die geologische Barriere die radioaktiven Abfälle am besten ein.»
 

Kriteriengruppe 2: Langzeitstabilität
Beständigkeit der Standort- und Gesteinseigenschaften
Beständigkeit der Standort- und Gesteinseigenschaften

Alle drei Gebiete sind langfristig geologisch stabil. Selbst im sehr unwahrscheinlichen Szenario von starken tektonischen Kräften, würde sich der Opalinuston nur verformen, aber keine Risse bilden. In Nördlich Lägern ist die Langzeitstabilität am grössten.

Erosion
Erosion

Weil das Lager in Nördlich Lägern in grosser Tiefe gebaut wird, ist der Schutz vor Erosion grösser. Hinzu kommt, dass über dem Opalinuston robuste Gesteinsschichten liegen, die sehr erosionsresistent sind. Dadurch ist das Tiefenlager zusätzlich geschützt.

Lagerbedingte Einflüsse
Lagerbedingte Einflüsse

Damit sind zum Beispiel Wärme oder Gas gemeint. Gas entsteht durch Korrosion und erhöht den Druck. In Nördlich Lägern wirkt aber ein grösserer Gegendruck von oben, weil das Lager in grosser Tiefe gebaut wird.

Nutzungskonflikte
Nutzungskonflikte

In keinem der drei Standortgebiete gibt es Rohstoffvorkommen, deren künftige Nutzung relevant eingeschränkt würde.

Die Kriterien Beständigkeit der Standort- und Gesteinseigenschaften, Erosion und Lagerbedingte Einflüsse sprechen für Nördlich Lägern. 

 

Kriterium Beständigkeit der Standort- und Gesteinseigenschaften: Selbst in einem unwahrscheinlichen Szenario, bei dem in der Zukunft starke tektonische Kräfte wirken, würde sich der Opalinuston lediglich verformen, nicht aber Risse bilden. Und sogar wenn sich Risse bilden: Der Opalinuston könnte sich selbst wieder abdichten. Der Vorteil in Nördlich Lägern liegt darin, dass die tektonische Beanspruchung hier am geringsten ist. 

In Nördlich Lägern kann das Tiefenlager in grosser Tiefe gebaut werden. Das ist ein Vorteil bezüglich Erosion. Gletscher und Flüsse schneiden sich über einen langen Zeitraum in die Erde. Wird das Lager tiefer unten gebaut, ist es länger vor Erosion gefeit. Ausserdem liegen hier über dem Opalinuston robuste Gesteinsschichten, die sehr erosionsresistent sind. Diese Schichten werden langsamer abgetragen. Das ist ein zusätzlicher Schutz für das Tiefenlager. 

Beim Kriterium Lagerbedingte Einflüsse geht es um Prozesse im Tiefenlager, welche Auswirkungen auf die umliegenden Gesteinsschichten haben können. Zum Beispiel Wärmeentwicklung durch die Abfälle. Durch Korrosion entsteht aber auch Gas und dadurch Druck. Diesem wirkt in Nördlich Lägern ein grösserer natürlicher Druck entgegen, weil das Tiefenlager in grösserer Tiefe gebaut wird.  

Keine Rolle spielen die Nutzungskonflikte. In keinem der drei Standortgebiete gibt es Rohstoffe, deren Nutzung relevant eingeschränkt würde.

 

Matthias Braun zur Kriteriengruppe 2:
«In Nördlich Lägern sind die Sicherheitsreserven am grössten. Die grosse Tiefenlage schützt sehr gut vor Erosion. Auch in Bezug auf die Gasentwicklung ist die Tiefe des Lagers von Vorteil. Je tiefer unten man ist, desto grösser ist der natürliche Druck. Dieser wirkt dem Gasdruck entgegen.»

Kriteriengruppe 3: Zuverlässigkeit der geologischen Aussagen
Explorierbarkeit der räumlichen Verhältnisse
Explorierbarkeit der räumlichen Verhältnisse

Die Struktur im Untergrund ist in Nördlich Lägern am wenigsten komplex. Dies erlaubt zuverlässigere Aussagen über die Geologie.

Prognostizierbarkeit der Langzeitveränderungen
Prognostizierbarkeit der Langzeitveränderungen

In Nördlich Lägern wurde das älteste Porenwasser nachgewiesen. Das lässt auf eine langfristig geringe Wasserzirkulation schliessen.

Charakterisierbarkeit der Gesteine
Charakterisierbarkeit der Gesteine

In allen drei Gebieten sind die benötigten Daten in ausreichender Qualität vorhanden.

Die Kriterien Explorierbarkeit der räumlichen Verhältnisse und Prognostizierbarkeit der Langzeitveränderungen sprechen für Nördlich Lägern. 

 

Im Kriterium Explorierbarkeit der räumlichen Verhältnisse schwingt Nördlich Lägern obenaus, weil die Struktur im Untergrund am wenigsten komplex ist. Das lässt zuverlässigere Aussagen über die Geologie zu. 

Auch die Prognostizierbarkeit der Langzeitveränderungen wird in Nördlich Lägern als am besten erachtet. Hier wurde das älteste Porenwasser gefunden, was auf eine sehr geringe Wasserzirkulation schliessen lässt.  

Gleichstand herrscht bei der Charakterisierbarkeit der Gesteine: Die benötigten Daten sind in allen Gebieten in der erforderlichen Qualität vorhanden.

 

Matthias Braun zur Kriteriengruppe 3:
«Die Qualität unserer Daten ist sehr gut. Wir haben ein genaues Bild des Untergrunds der Nordschweiz. Das erlaubt uns zuverlässige Prognosen.»
 

Kriteriengruppe 4: Bautechnische Eignung
Felsmechanische Eigenschaften und Bedingungen
Felsmechanische Eigenschaften und Bedingungen

In allen drei Gebieten kann ein Tiefenlager sicher gebaut, betrieben und verschlossen werden. Mit der Tiefe nimmt der Aufwand zu, aber der Bau ist überall mit bewährten Verfahren möglich.

Untertägige Erschliessung und Wasserhaltung
Untertägige Erschliessung und Wasserhaltung

Die hydrogeologischen und -technischen Verhältnisse können mit bewährten Verfahren beherrscht werden.

In dieser Kriteriengruppe gibt es kaum Unterschiede. Weder die Felsmechanischen Eigenschaften und Bedingungen noch die Untertägige Erschliessung und Wasserhaltung stellen Probleme dar.  

Matthias Braun zur Kriteriengruppe 4:
«Neue Messungen zur Gesteinsfestigkeit zeigen, dass es zwischen den Gebieten keine relevanten Unterschiede gibt in Bezug auf den Bau, den Betrieb, die Überwachung oder den Verschluss des Tiefenlagers.» 
 

Fazit: Ein eindeutiger Entscheid 

Die Vorteile von Nördlich Lägern überwiegen. Sieben von dreizehn Kriterien sprechen dafür, dass das Tiefenlager im Haberstal in der Gemeinde Stadel gebaut wird. Bei den anderen sechs Kriterien herrscht Gleichstand. Nagra-CEO Matthias Braun: «Es ist ein eindeutiger Entscheid: Nördlich Lägern ist der beste Standort mit den grössten Sicherheitsreserven.»

Nagra-CEO Matthias Braun zum Standortvorschlag Nördlich Lägern: "Es ist ein eindeutiger Entscheid."
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