Erklärung zu ISDS & Klima

Organisationen der Zivilgesellschaft fordern Regierungen auf, die Bedrohung des Klimas durch Investor-Staat Schiedsverfahren (Investor State Dispute Settlement, ISDS) zu beseitigen. Die folgende Erklärung enthält unsere wichtigsten Anliegen und Forderungen. Wir versuchen, Druck auf unsere Regierungen im Vorfeld der Klimakonferenz COP 27 im November 2022 aufzubauen.


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Erklärung zu ISDS & Klima

Die Investor-Staat-Streitbeilegung (investor-state dispute settlement, ISDS) bedroht den Klimaschutz. Zu Beginn der UN-Klimakonferenz COP 27 fordern wir die Regierungen weltweit dazu auf, diesem ungerechten und gefährlichen System ein Ende zu setzen.

Viele Handels- und Investitionsabkommen enthalten ISDS-Klauseln. ISDS ermächtigt transnationale Unternehmen, Regierungen vor intransparenten Gerichten außerhalb des nationalen Rechtssystems zu verklagen, wenn sie befürchten, dass Änderungen von Gesetzen und Regulierungen ihre Gewinne schmälern könnten.

Seit vielen Jahren haben Öl-, Gas-, Bergbau-, Rohstoff- und Energiekonzerne Hunderte von ISDS-Klagen gegen Staaten initiiert – Klagen im Energie- und Bergbaubereich machen 42% der bekannten ISDS-Fälle aus.[1] Mittlerweile gibt es immer mehr Fälle, die sich direkt gegen Klimapolitik richten. Investoren in fossile Energieträger klagen bereits gegen den Kohleausstieg, die Verweigerung einer Genehmigung für eine Pipeline für besonders klimaschädliches Öl aus Teersand, das Verbot von Offshore-Ölbohrungen und die Regulierung von Fracking. Brancheninsider gehen davon aus, dass diese Klagen nur ein Vorgeschmack sein könnten, angesichts der voraussichtlich hohen sogenannten „stranded assets“, also durch Klimapolitik entwertete Investitionen in fossile Brennstoffe.[2]

Laut des diesjährigen IPCC-Berichts birgt ISDS die Gefahr, den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen zu blockieren.[3] Der Bericht hebt insbesondere den Energiecharta-Vertrag (ECT) hervor, den viele fossile Unternehmen nutzen, und zu dessen Beitritt des Globalen Südens derzeit gedrängt werden.

ISDS ist ein Risiko für die Bewältigung der Klimakrise, denn es führt zu…

…steigenden Kosten für Klimaschutzmaßnahmen

Konzerne können durch ISDS enorme Entschädigungszahlungen einklagen, die oft weit höher sind als bei nationalen Gerichten und mit Steuergeldern beglichen werden. Die Forderungen in den jüngsten ISDS-Klimafällen gehen in die Milliarden und sie beinhalten oft einen hohen Anteil für hypothetische zukünftige Gewinne. Das übersteigt die Zahlungsfähigkeit vieler Länder und macht die Energiewende unerschwinglich.

…zögerlicher Politik („regulatory chill“)

Die Angst, verklagt zu werden, kann Länder dazu veranlassen, notwendige Klimaschutzmaßnahmen zu verzögern oder gar nicht erst zu ergreifen. Mehrere Länder haben bereits zugegeben, dass dies der Fall ist.[4] Die Androhung von ISDS kann Regierungen einschüchtern und zum Einlenken bewegen. Nach jahrzehntelanger Untätigkeit kann es sich die Welt nicht leisten, dass fossile Unternehmen ISDS nutzen, um mit Klagen eine klimapolitische Lähmung zu erzeugen.

Menschen und Gemeinden, die direkt von der Klimakrise betroffen sind, stehen oft im Mittelpunkt von ISDS-Klagen, weil sie sich gegen zerstörerische Bergbau- und andere extraktive Projekte wehren.

Wir müssen das ISDS-System dringend abschaffen. Es gibt zu viele Klagen die zeigen, dass ISDS Schädigung von Umwelt, Gesundheit und demokratischer Selbstbestimmung nicht verhindert, sondern begünstigt hat. Die Dringlichkeit der Klimakrise steht außer Zweifel. Derzeitige Reformvorschläge sind schwach, unwirksam und völlig unzureichend, gemessen an dem, was notwendig ist. Regierungen müssen unverzüglich handeln, um keine weiteren ISDS-Klagen zu riskieren.

Wir wissen, dass das möglich ist, denn einige Länder haben bereits damit begonnen. Südafrika, Indien, Neuseeland, Bolivien, Tansania, Kanada, die USA und andere haben bereits Schritte zur Abschaffung von ISDS unternommen.

Zu den konkreten Handlungsmöglichkeiten gehören:

§  Keine(n) Abkommen

o   neu aushandeln, unterzeichnen oder ratifizieren, die ISDS beinhalten;

o   beitreten, die ISDS beinhalten, wie z. B. dem Energiecharta-Vertrag (ECT), dem EU-Kanada Freihandelsabkommen (CETA) oder dem pazifischen Freihandelsabkommen (CPTPP);

o   um ISDS erweitern, wie das asiatische Freihandelsabkommen (RCEP), oder die afrikanische Freihandelszone (AfCFTA);

§  bestehende Abkommen mit ISDS aufzulösen oder aus ihnen auszutreten, wie z. B. dem ECT;

§  ISDS nicht mehr zu nutzen und die Zustimmung zur Anwendung von ISDS zu verweigern;

§  Alternativen zu ISDS zu sondieren, einschließlich Risikoversicherungen für Investitionen, der Stärkung nationaler Rechtssysteme und Menschenrechtsmechanismen durch internationale Zusammenarbeit.

Wir fordern die Regierungen der Staaten, die auf der COP27 zusammenkommen dazu auf, ISDS abzuschaffen! Nur so können die Risiken zur Erreichung der Klimaziele, die von diesem ungerechten und gefährlichen System ausgehen, beseitigt werden.



[1] IISD, Investor-state disputes in the fossil fuel industry, 2021.

[2] AFP, “Governments risk 'trillions' in fossil fuel climate litigationFrance 24, 2021.

[3] IPCC, Climate change 2022: mitigation of climate change, 2022, p14-72 & p14-81

[4] Elizabeth Meager, “Cop26 targets pushed back under threat of being sued” Capital Monitor, 2022


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