Aktuelle Umfrage: Mehrheit der Deutschen und der FDP-Wähler*innen für EU-Lieferkettengesetz

28. Februar 2024. Wenn die Bundesregierung an ihrer Enthaltung beim EU-Lieferkettengesetz festhält, handelt sie gegen den Willen der deutschen Bevölkerung. Das zeigt eine aktuelle repräsentative Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut INSA-CONSULERE im Auftrag von Germanwatch, einer der Trägerorganisationen der Initiative Lieferkettengesetz, vor wenigen Tagen durchgeführt hat.

Mehr als zwei Drittel der Befragten sprechen sich in der Umfrage dafür aus, dass eine EU-weite Richtlinie Menschenrechte und Umweltschutz durch Unternehmen regelt. Spannend dabei: Auch 67 Prozent der befragten FDP-Wähler*innen unterstützen ein EU-Lieferkettengesetz. Dabei ist die deutsche Enthaltung zum EU-Lieferkettengesetz vor allem auf Bundesjustizminister Buschmann und Bundesfinanzminister Lindner, beide FDP, zurückzuführen. SPD und Grüne hatten sich hingegen für eine deutsche Zustimmung zum EU-Lieferkettengesetz eingesetzt, zuletzt etwa mit einem einstimmigen Beschluss des SPD-Parteivorstandes.

Menschenrechte und Deutschlands Ansehen leiden

Die kurzfristige Sabotage des EU-Lieferkettengesetzes durch die FDP schadet dabei nicht nur den Menschenrechten und dem Umweltschutz – sondern auch dem internationalen Ansehen Deutschlands. Für die angekündigte Enthaltung ist die Bundesregierung in den vergangenen Wochen nicht nur aus den eigene Reihen in die Kritik geraten – auch Europa-Abgeordnete, Unternehmen, Ökonom*innen und sogar die Vereinten Nationen forderten eine Aufgabe der Blockade. Dass Deutschlands Ansehen als verlässlicher Partner in der EU bei einer Blockade des Gesetzes leiden würde, halten insgesamt 67 Prozent der Befragten für problematisch. Mit 73 Prozent ist hier der Anteil der befragten FDP-Wähler*innen, die um das Ansehen Deutschlands besorgt sind, sogar überdurchschnittlich hoch.

Mit einem Machtwort könnte Bundeskanzler Olaf Scholz das Scheitern des EU-Lieferkettengesetzes noch abwenden: Würde er von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen, könnte er dafür sorgen, dass Deutschland dem Gesetz zustimmt – auch wenn der kleinste Partner in der Ampel-Koalition die Einigung blockiert. Eine Mehrheit der Befragten unterstützt, dass der Bundeskanzler seine Richtlinienkompetenz einsetzt, falls das EU-Lieferkettengesetz andernfalls an Deutschland scheitert.

Ein Großteil der Deutschen blickt zudem positiv auf das deutsche Lieferkettengesetz, das schon seit 2023 in Kraft ist. 71 Prozent unterstützen das Gesetz, 65 Prozent sehen es darüber hinaus als Nachteil, wenn nur deutsche Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten gesetzlich einhalten müssen.

COREPER-Abstimmung darf nicht an Deutschland scheitern

Morgen steht im Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rats (COREPER) eine Aussprache über das EU-Lieferkettengesetz auf der Agenda. Zuletzt war die Aussprache verschoben worden, weil Deutschland auf Druck der FDP ankündigte, sich bei der Abstimmung zu enthalten. Da für die qualifizierte Mehrheit nicht nur die Mehrzahl der Einzelstaaten, sondern auch des repräsentierten Bevölkerungsanteils notwendig ist, spielt Deutschland als größter Mitgliedstaat eine besondere Rolle. Gesetzesvorhaben ohne die Zustimmung Deutschlands abzuschließen, gilt als schwierig.

Brisant ist: Die Kehrtwende Deutschlands beruht einzig auf einem Alleingang der FDP – und das, nachdem sie zuvor einem Kompromiss bereits zugestimmt hatte. Denn die Bundesregierung, auch unter Mitwirkung von FDP-Justizminister Buschmann, hat den Gesetzestext im Trilog maßgeblich beeinflusst und dem Kompromiss schließlich mitgetragen. Nach Abschluss des Trilogs gelten weitere Schritte des Gesetzgebungsprozesses üblicherweise als reine Formsache. Dennoch kündigte die FDP vor einigen Wochen plötzlich an, eine Zustimmung der Bundesregierung und somit das ganze EU-Vorhaben zu blockieren. 

Die Rohdaten der Umfrage sind hier zu finden.

Foto: Laila Sieber/Oxfam

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