Urteil im Prozess um den Vierfachmord von Eislingen : Lebenslänglich für den Familien-Killer

Urteil im Prozess um den Vierfachmord von Eislingen: Andreas H. (19), Sohn der getöteten Familie, erhält lebenslänglich. Die Jugendkammer des Landgerichts Ulm sprach den 19-Jährigen des Mordes an seinen Eltern und seiner beiden Schwestern für schuldig.

Das Gericht verurteilte Andreas H. nach Erwachsenenstrafrecht und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Eine vorzeitige Entlassung ist damit ausgeschlossen.

Für seinen 20-jährigen Komplizen Frederik B. verhängte das Gericht eine Jugendstrafe von zehn Jahren.

Beide Angeklagten nahmen das Urteil ohne äußerlich sichtbare Regung entgegen.

Mit dem Urteil entsprach das Gericht den Forderungen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage, die Andreas H. Mord aus Habgier vorwerfen. Der Anwalt von Andreas H. hatte Habgier als Mordmotiv bestritten und für seinen Mandanten eine Jugendstrafe gefordert.

Die Verteidigung von Frederik B. hatte sich dem Plädoyer der Anklage weitgehend angeschlossen, das Gericht aber aufgefordert, einige Monate unter der Höchststrafe zu bleiben.

DIE TAT

Die Eltern des heute 19-Jährigen verlassen am Gründonnerstag 2009 um 21.00 Uhr ihre Wohnung, um sich mit Freunden in einer Gaststätte zu treffen. Zeitgleich machen sich auch die beiden Angeklagten auf den Weg zur elterlichen Wohnung der Familie.

Dort schauen die beiden Schwestern Annemarie und Christine gerade vom Bett aus fern, als auf sie geschossen wird – neun Kugeln treffen die 24-jährige Schwester, mit zehn Kugeln wird die 22-Jährige getötet.

Gegen 23.00 Uhr gehen die zwei jungen Männer in die Gaststätte und setzen sich dort an den Tisch der ahnungslosen Eltern. Nach einer halben Stunde verlassen sie das Lokal und kehren an den Tatort zurück.

Dort warten sie auf die Eltern des damals 18-jährigen Andreas. Während die Mutter auf der Toilette ist, wird der Vater mit acht Kugeln erschossen. Wenig später muss auch die Mutter sterben.

DER TAG NACH DER TAT

An Karfreitag um 10.42 Uhr alarmiert Andreas völlig aufgelöst die Polizei. Mit einem Freund habe er die Leichen seines 57 Jahre alten Vaters, seiner 55-jährigen Mutter sowie der beiden Schwestern entdeckt.

DER TATORT

Die Familie lebte im ausgebauten Dachgeschoss eines ihnen gehörenden Mehrfamilienhauses. Die Nachbarn haben nichts von der Tat gehört.

DAS MOTIV

Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass Andreas H. seine Familie aus Habgier erschoss, weil er das Vermögen der Familie alleine erben wollte. Außerdem sei ihm sein Vater lästig gewesen. Frederik B. soll die Bluttat als „Freundschaftsdienst“ verübt haben.

DIE TÄTER

Die beiden Angeklagten wurden immer wieder als „nette Jungs“ beschrieben. Zudem galten sie als offen, gut integriert, hilfsbereit und freundlich.

Der 19-jährige Andreas H. war auf dem Jakobsweg gewandert – er brachte beim DLRG kleinen Mädchen das Schwimmen bei. Außerdem war er Schulsprecher in der Realschule.

Der 20-jährige Frederik B. wurde hingegen eher als introvertiert und scheu beschrieben. Der Gutachter attestierte ihm ein Asperger-Syndrom, eine Art Autismus.

Beide Angeklagten waren Mitglied im Schützenverein.

DIE PLÄDOYERS

Die Staatsanwältin forderte für den Sohn der getöteten Familie eine lebenslange Freiheitsstrafe. Für den 19-Jährigen beantragte die Staatsanwältin zudem, eine besondere Schwere der Schuld festzustellen und im Urteil eine spätere Sicherungsverwahrung vorzubehalten.

Andreas H. sei keineswegs so reif, wie ihn Zeugen beschrieben hätten, sagte sein Verteidiger. Er wies zudem das Motiv der Habgier zurück. Vielmehr sei der heute 19-Jährige in seiner Familie psychischer Gewalt ausgesetzt gewesen. Andreas H. sei nicht mit der Autorität des Vaters zurechtgekommen.

Sein Schulfreund Frederik B. soll wegen Mordes eine Jugendstrafe von zehn Jahren bekommen. Die Verteidiger forderten für ihre Mandanten Jugendstrafen. Ein konkretes Strafmaß ließen sie offen.

Der Verteidiger von Frederik B. forderte das Gericht auf, das Geständnis seines Mandanten beim Strafmaß zu würdigen.

DER PROZESS

Während des Prozesses vor dem Landgericht Ulm würdigten sich die beiden einst so eng befreundeten Schulkameraden keines Blickes. Beide trugen Fußfesseln.

Das Landgericht Ulm verhandelte ohne Zuschauer in einer nichtöffentlichen Sitzung – zugelassen waren nur die Eltern von Frederik B. und einige Journalisten.

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