Ein wenig Leben
Die Corona-Krise hat den Tod vom privaten ins öffentliche Bewusstsein geholt. Der Falter hat vier Menschen kurz vor ihrem Ende besucht. Sie empfinden Reue und Familiensinn, Verantwortung und Glückseligkeit
Kommen Sie bald“, sagt Editha Gasserlick, „ich bin eine Zeitbombe: Es kann heute so weit sein, es kann morgen so weit sein.“
Editha Gasserlick ist 88 Jahre alt, der Krebs in ihrem Bauch hat beide Lungenflügel befallen. Ihre Tumormarker schießen nach oben, sie weiß nicht genau, wo sie gerade stehen, so oft gehe sie nicht zur Untersuchung.
Stattdessen steht sie fast jeden Tag mit ihrer Freundin aus dem Pensionistenklub beim Punschstand, „und weiß nicht, ob ich wieder heimkomme“.
Die Frau will ihre letzten Tage ausschöpfen, eigentlich sollte sie nichts Fettes mehr essen und nichts Scharfes mehr trinken, aber einen Kümmelbraten mit Kräuterschnaps kann sie sich nicht verwehren.
Editha Gasserlick ist bereit, der Tod scheinbar nur etwas, das sie hinter sich bringen muss. Ihre letzte Angst ist die, dass es zu langsam gehen könnte. Jedem, den man liebt, möchte man so ein Ende wünschen.