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Hahn Flecko: Streit über Hahnenschrei - Petition gestartet

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Silvia Stengel mit ihrem Hahn Flecko. Seit mehr als zwei Jahren beschäftigt sein Krähen das Gericht.
Silvia Stengel mit ihrem Hahn Flecko. Seit mehr als zwei Jahren beschäftigt sein Krähen das Gericht. © Renate Hoyer

Darf Hahn Flecko krähen, obwohl ein Nachbar sich gestört fühlt? Die Marxheimerin Silvia Stengel will, dass die Frage auf Bundesebene geklärt wird und hat eine Online-Petition dazu gestartet.

Der erste Beschwerdebrief lag vor drei Jahren im Postkasten von Silvia und Markus Stengel in der Marxheimer Schulstraße. „Wir wollen Ruhe!“ stand auf einem Blatt Papier. Erst ein halbes Jahr später gab sich der anonyme Schreiber zu erkennen. Die Stengels mögen dafür sorgen, dass ihr Hahn Flecko nicht schon frühmorgens krähe und auch mittags zwei Stunden lang Ruhe im Hof herrsche, verlangte der Rentner, der rund 50 Meter Luftlinie entfernt in einer Parallelstraße wohnt. Dass die Familie für Flecko und seine zehnköpfige Hühnerschar einen Stall aus Ytong-Steinen baute, der schallgedämmt ist und dessen Tor sich erst um neun Uhr automatisch öffnet, reichte dem Mann nicht. Ein Termin beim Schiedsgericht vor Ort brachte keine Einigung. Der Nachbar erhob Klage. Das Amtsgericht in Höchst muss sich seither mit dem ungewöhnlichen Fall befassen.

Petition für Hahn Flecko

Silvia Stengel sitzt in der Küche ihres fast 200 Jahre alten Fachwerkhauses und hat einen dicken Aktenordner vor sich auf dem Tisch liegen. Eine Menge Unterlagen haben sich im Laufe des Gerichtsverfahrens rund um den krähenden Hahn angesammelt. Eine Liste mit den Unterschriften von 50 Anwohnern im alten Marxheimer Ortskern ist darunter – sie alle haben bestätigt, dass sie das Krähen des Gockels in dem dörflich geprägten Hofheimer Stadtteil nicht stört. Silvia Stengel hat eigene Messprotokolle erstellt, wonach Fleckos Hahnenschrei direkt am Schnabel 87 Dezibel laut ist. 90 Dezibel wären laut Gutachter zulässig. Im Ordner liegt auch eine Strichliste des Klägers, wonach der Hahn der Stengels in 80 Minuten 122-mal gekräht haben soll.

Zweimal trafen sich Kläger und Beklagte vor Gericht. Ein Vergleichsversuch scheiterte. Ein Gutachter sollte schließlich die entscheidenden Hinweise liefern, doch der Termin im Juni verstrich, ohne dass der Experte Fleckos Krähen bewertete. Ihr Anwalt habe ihr mitgeteilt, der Nachbar habe die Klage mittlerweile zurückgezogen, sagt Silvia Stengel. Begründung: Flecko krähe nicht mehr so oft.

Petition

Das Ziel der Petition von Silvia Stengel ist es, ortsübliche Emissionen wie Hahnenkrähen und Kirchengeläut als kulturelles Erbe zu schützen.

50 000 Unterschriften sind nötig, damit sich der Petitionsausschuss des Bundestages mit dem Thema befasst.

Zu finden ist die Petition unter www.openpetition.de. aro

So richtig froh ist Silvia Stengel darüber nicht. Denn zum einen will der Rentner nun, dass die Familie die gesamten Kosten des Verfahrens trägt. Zum anderen hat Stengel, die sich politisch für die Freien Wähler engagiert und stellvertretende Ortsvorsteherin in Marxheim ist, auf ein Urteil gehofft, das ihr schwarz auf weiß bescheinigt: Im alten Ortskern, dessen Hofreiten teilweise unter Ensembleschutz stehen, gehört Hahnenkrähen zu den ortsüblichen Geräuschen und ist zulässig.

„Wir wohnen im Mischgebiet, drei Bauern haben noch Kühe und Schweine im Stall, es gibt sieben Hähne. Es wäre ein Riesenverlust, wenn das alles verlorenginge. Das ist Kulturgut“, findet sie 45-Jährige. Per Petition, die sie im Internet gestartet hat, will sie dazu eine Grundsatzentscheidung auf Bundesebene einfordern.

Hahn Fleckos Schrei - kulturelles Erbe?

Die Stengels sind keine Landwirte. Silvia Stengel arbeitet als Diplomingenieurin für Landschaftsbau im Grünflächenamt der Stadt Frankfurt, ihr Mann ist im Hofheimer Rathaus beschäftigt. Die ersten Küken bekamen sie geschenkt, als ihre beiden Kinder klein waren. Das Ei, aus dem Hahn Flecko schlüpfte, hatte Tochter Kiara mittels Wärmeplatte ausgebrütet. Wachteln, Kaninchen und zwei Katzen leben ebenfalls auf dem Grundstück. „Wir wollen, dass unsere Kinder mit Tieren aufwachsen“, sagt Silvia Stengel.

Wie wichtig dabei ein Hahn ist, um das soziale Gefüge in der Balance zu halten, stellte sich heraus, als die Hennen mal kurze Zeit unter sich waren. Eine von ihnen habe versucht, andere zu besteigen, erinnert sich Silvia Stengel. Und sie wollte krähen. „Es kam aber nur ein schauerliches Krächzen heraus.“

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