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Nach Angriff auf MutterkuhBauernverband kündigt Kompromiss mit Wolfsschützern

Kommt es wie im Herbst 2020 abermals zu einem Referendumskampf ums Jagdgesetz?

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Eine Mutterkuh, von Wölfen auf der Bündner Alp Nurdagn getötet: Nach dem Vorfall vom vergangenen Wochenende kann es dem Schweizer Bauernverband (SBV) nicht schnell genug gehen. Die geplante Neuauflage der Jagdgesetz-Revision, die den Umgang mit dem Wolf regeln soll, müsse «im Schnellzugstempo» durch die beiden Parlamentskammern. Trotz aufwendigen Schutzmassnahmen komme es auch bei geschützten Herden zu Angriffen, klagt SBV-Präsident Markus Ritter. «Die zunehmende Zahl der Wölfe und Wolfsrudel gefährdet die Alpwirtschaft.»

Die Vorlage hat jüngst die erste Hürde passiert. Im Juni hat die ständerätliche Umweltkommission einen Entwurf verabschiedet. Wölfe sollen in Zukunft nicht mehr aufgrund von Schäden oder Gefährdungen reguliert werden, die sie in der Vergangenheit verursacht haben – sondern zur Verhütung künftiger Schäden oder Gefährdungen. Eine solche «proaktive Regulierung» war bereits Teil jener Revision, die das Stimmvolk im Herbst 2020 mit 51,9 Prozent knapp abgelehnt hat. 

Und nicht nur das: Das präventive Abschiessen von Wölfen war der zentrale Streitpunkt. Der Wolf hätte künftig getötet werden können, bevor er überhaupt Schaden angerichtet hätte und ohne dass Herdenschutz­massnahmen erfolgt wären. 60 Prozent der Stimmenden fanden diesen Punkt in der Vorlage inakzeptabel, wie die sogenannte Voto-Studie im Nachgang zum Urnengang aufzeigte. Im Nein-Lager betrug der Anteil 82 Prozent. Und selbst 36 Prozent jener Stimmenden, welche die Revision an der Urne guthiessen, goutierten die präventive Regulierung des Wolfsbestandes nicht. 

Mehr Nutztiere getötet, aber … 

Gefährden die Ständeräte damit die Revision abermals? Nein, findet Othmar Reichmuth (Die Mitte). «Nun sehen breitere Kreise als bis anhin, dass eine präventive Regulierung notwendig ist», sagt der Schwyzer Ständerat und verweist auf die steigende Zahl von Vorfällen. In der Tat markierte das Jahr 2020 mit 853 vom Wolf getöteten Nutztieren einen neuen Höchstwert, die bisherige Marke von 526 (2018) wurde deutlich übertroffen. Tatsache ist aber auch: Die Zahl gerissener Tiere pro Wolf ist rückläufig – für Umweltverbände der Beweis dafür, dass die Herdenschutz­massnahmen zunehmend greifen.

Mit 25 gerissenen Schafen in Bonstetten bei Zürich «hat die Betroffenheit zugenommen»: Markus Ritter, Nationalrat (Die Mitte, SG) und Präsident des Schweizer Bauernverbands.

Die Revision des Jagdgesetzes kommt im Herbst in den Ständerat, danach geht das Geschäft in den Nationalrat. Entschieden ist also noch nichts. Hier setzt die Hoffnung der Umweltverbände an. Nach ihrem überraschenden Sieg im Herbst 2020 haben sie sich mit den Verlierern zusammengesetzt, namentlich mit dem Bauernverband sowie weiteren Organisationen der Land- und Waldwirtschaft und der Jagd.

Das Resultat der bisherigen Bemühungen war ein Kompromiss: Dieser erlaubt ebenfalls präventive Abschüsse – aber nur bei «wahrscheinlichen zukünftigen wesentlichen Schäden». Und dies auch nur unter der Prämisse, dass die regionalen Wolfsbestände in ihrer Existenz nicht bedroht werden und Herdenschutz­massnahmen erfolgt sind. Die Hürde ist also klar höher als beim Vorschlag der ständerätlichen Umweltkommission. 

«Seit den Gesprächen mit den Umweltverbänden hat sich die Wolfsproblematik enorm verschärft.»

Markus Ritter, Präsident Bauernverband

«Mit dieser Regelung wäre ein Abschuss im vorliegenden Fall aber möglich», sagt Urs Leugger-Eggimann, Geschäftsleiter von Pro Natura. Denn neben den beiden Angriffen auf Grossvieh sei der Leitwolf M92 in den letzten Jahren mehrfach bei Rissen auf geschützten Nutztieren beteiligt gewesen. «Er zeigt somit ein problematisches Verhalten, das wesentliche Schäden in der Zukunft wahrscheinlich macht.»  

Umweltverbände irritiert

Doch der letztes Jahr ausgehandelte Kompromiss wird nun von prominenter Seite aufgekündigt: Der Bauernverband unterstützt die schärfere Regelung der ständerätlichen Umweltkommission. «Seit den Gesprächen mit den Umweltverbänden hat sich die Wolfsproblematik enorm verschärft», sagt Präsident und Mitte-Nationalrat Markus Ritter.

Er ist überzeugt: Heute würde die Bevölkerung das vor zwei Jahren abgelehnte Jagdgesetz gutheissen. Denn: Unterdessen sei der Wolf nicht mehr «nur» im Berggebiet unterwegs, sondern auch im Mittelland. Ritter verweist auf einen Vorfall diesen März, als ein Wolf in Bonstetten ZH 25 Schafe tötete. «Das war ja fast vor den Toren der Stadt Zürich. Damit hat die Betroffenheit zugenommen.»

Die Umweltverbände zeigen sich von der Ankündigung des Bauernverbands überrumpelt. Urs Leugger-Eggimann geht davon aus, dass der SBV die gemeinsam erarbeitete Lösung weiter mittragen wird. «Als Mitglied der Stakeholder-Gespräche erhalte ich von der Vertretung des Bauernverbands jeweils entsprechende Bekräftigungen.» Die Gespräche seien am Laufen, ganz aktuell.

Auch mit Blick auf die anstehende Beratung im Parlament gibt sich der Pro-Natura-Geschäftsleiter zuversichtlich: Das Parlament werde die Vorteile des ausgehandelten Kompromisses «noch erkennen».