De-prescription“ (engl. Prescription: Verschreibung, Rezept), also die Beendigung der Rezeptierung von Medikamenten, ist ein wichtiger Teil der Palliativversorgung zur Vermeidung von Polypharmazie. Diese geht u. a. mit einem erhöhten Risiko für unerwünschte Arzneimittel(wechsel)wirkungen, verminderter Leistungsfähigkeit, diversen geriatrischen Syndromen, einer verminderten Einnahmetreue sowie höheren Gesundheitskosten einher. Eine der meist verwendeten kardiovaskulären Arzneimittelklassen bei Krebspatient:innen im palliativen Setting sind Antithrombotika, darunter direkte orale Antikoagulanzien, niedermolekulares Heparin, Vitamin-K-Antagonisten und Thrombozytenaggregationshemmer. Viele Krebspatientinnen und -patienten haben derartige Medikamente bereits vor ihrer Krebsdiagnose längerfristig eingenommen, während andere sie zur Behandlung oder Vorbeugung von krebsbedingten Thrombosen erhalten. Die Entscheidung über das Absetzen von antithrombotischer Medikation hängt zum einen von der Indikation des Antithrombotikums ab, zum anderen spielen die Erfahrungen der behandelnden Ärzt:innen sowie die Präferenzen und die geschätzte Lebenserwartung der Patient:innen eine Rolle.

Bisher gibt es jedoch keine umfassenden Informationen oder Leitlinien, die Medizinerinnen und Mediziner dabei unterstützen, die Thematik mit ihren Patient:innen zu besprechen und letztlich die beste individuelle Lösung zu finden.

Das multinationale SERENITY-Projekt wird im Rahmen der EU-Initiative HORIZON Research and Innovation (Projekt-Nr. 101057292) finanziert und hat die Schaffung eines Informations-getriebenen, gemeinsamen Entscheidungsfindungsprozesses in der Palliativpflege zum Ziel. Dieser Prozess soll durch ein leicht zugängliches Online-Tool ermöglicht werden. Das vorgesehene Tool soll Behandlungsentscheidungen zum Einsatz von Antithrombotika bei Patient:innen mit Krebs im terminalen Stadium erleichtern und in Hinblick auf Faktoren wie Alter, Geschlecht, Krebsart und kulturelle wie sozioökonomische Aspekte individualisiert werden.

SERENITY verfolgt ein umfassendes Konzept aus unterschiedlichen Forschungsansätzen, darunter eine Umfrage nach dem Flashmob-Design, epidemiologische Studien, qualitative Interviews und eine randomisierte kontrollierte Studie.

Das Verständnis der aktuellen Verschreibepraxis für antithrombotische Medikation sowie die Analyse zugrundeliegender Faktoren und Präferenzen ist für die Verbesserung der klinischen Praxis von entscheidender Bedeutung. Da die Verschreibemuster und dafür relevante Faktoren möglicherweise innerhalb Europas variieren, sind für das Verständnis und die Einschätzung zugrundeliegender Entscheidungsprozesse entsprechende Daten in großem Umfang erforderlich.

SERENITY sieht vor, umfassende Daten zur aktuellen Verschreibepraxis durch eine Umfrage unter Angehörigen der Gesundheitsberufe zu sammeln.

Ziel ist es, mindestens 800 medizinische Fachkräfte aus den an SERENITY beteiligten europäischen Ländern (Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Spanien, Vereinigtes Königreich) und darüber hinaus für diese Umfrage zu gewinnen.